„Die Zuversicht ist groß“ – titelte die Geislinger Zeitung am 23. Juni 2018 und bezog sich dabei auf eine Info-Veranstaltung, die im Geislinger Kapellmühlsaal stattgefunden hatte. Zu dem Vortrag von Andreas Hollatz, dem für die B 10 zuständigen Abteilungspräsidenten im Regierungspräsidium Stuttgart, waren annähernd 150 Personen gekommen. Eingeladen dazu hatte die CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Razavi, die sich für den Weiterbau der Straße von Gingen bis Geislingen und darüber hinaus optimistisch gab: „Ich bin zuversichtlich, weil der Bund deutlich mehr Geld zur Verfügung stellt, als je zuvor und die Situation deutlich entspannter ist, als es jemals der Fall war.“
Wenn alles klappt, so erfuhren die Zuhörer, könne mit dem Weiterbau bis Geislingen-Ost (also ins Rohrachtal) 2021 begonnen und das Projekt samt Tunnel 2031 abgeschlossen sein.
Der Bund hat laut Hollatz zugestimmt, beide Abschnitte (also bis zu den Y-Häusern und dann weiter bis ins Rohrachtal) in ein gesamtes Planfeststellungsverfahren aufzunehmen. Die Mittel von geschätzten 223 Millionen Euro würden jedoch nur abschnittsweise freigegeben. Im Klartext: Zwar wird bis ins Rohrachtal geplant, aber nur abschnittsweise gebaut. Obwohl die Einsicht vorhanden ist, dass ein Ausbau-Ende bei den Y-Häusern (Verknüpfung mit B 466) die Geislinger Ortsdurchfahrt weiterhin stark belastet, beharrt man im Regierungspräsidium darauf, die Straße nur in einzelnen Abschnitten zu bauen. Wie dies in den vergangenen Jahrzehnten, von Stuttgart her, auch schon geschehen sei, sagte Hollatz.
Dies bedeutet, dass der Schildwacht-Tunnel erst gebaut wird, wenn der Abschnitt zwischen Kuchen und Y-Häusern fertig ist. Sollte es dann im günstigsten Falle nahtlos weitergehen, müsste sich aber der Verkehr während der Bauzeit des Tunnels weiter durch Geislingen quälen. Zwar kann der „abknickende“ Verkehr zwischen Täle (Bad Überkingen) und mittlerem Filstal die neue B 10 benutzen – doch für den Durchgangsverkehr auf der Achse Ulm-Göppingen wäre der Umweg über den „Knotenpunkt Y-Häuser“ nicht geeignet und würde Überkinger Straße und Sternpatz stark belasten.
Hollatz meinte, der talaufwärts Richtung Ulm fahrende Verkehr werde dann an der Anschlussstelle zwischen Kuchen und Geislingen auf die alte B 10 geleitet – und fließe weiterhin wie bisher durch die Stadt.
Sehr kritische Stimmen kamen von Bewohnern aus dem Bereich der Oberböhringer Straße, insbesondere aber der Gassenäckerstraße, die am dichtesten an die neue B 10-Trasse heranreicht. Von einer echten „Umgehungsstraße“, so wurde beklagt, könne bei dieser Nähe zum Wohngebiet nicht mehr die Rede sein.
Das Argument von Hollatz, allen, die dort gebaut hätten, sei bewusst gewesen, dass die neue B 10 in diesem Bereich geplant sei, wollten die Betroffenen nicht gelten lassen. Ihren Erinnerungen zufolge sei bisher die vorgesehene Trasse viel weiter von ihnen entfernt, also bergaufwärts, vorgesehen gewesen.
Hollatz hielt dem entgegen, der Verlauf der Straße werde vom Bund nur genehmigt, wenn gewisse Kurvenradien eingehalten würden – und die ließen nun keine andere Trassierung zu. Diese Aussage wurde von den Anwohnern mit Unmut und Kopfschütteln aufgenommen.
Auf Kritik stieß auch die Planung des Verknüpfungspunktes mit der B 466 bei den Y-Häusern, wo großzügig anmutende Auf- und Abfahrten vorgesehen sind. Für Laien scheint nur schwer vorstellbar zu sein, weshalb die von den Anhöhen des Oberböhringer Hangs herankommende B 10 so tief gelegt wird, dass die vorhandene B 466 (Überkinger Straße) über sie hinweggeführt werden kann. Denn schließlich muss die B 10 nach ihrem tiefsten Punkt sofort aufsteigend den Schildwacht-Tunnel erreichen, der im Rohrachtal (unterm Geiselstein etwa) an die bestehende B 10 anknüpft. Hollatz erklärte dazu, dass es durchaus Sinn mache, die B 10 bei den Y-Häusern so tief zu legen, weil damit der Lärm von der zügig an Geislingen vorbeifahrenden B 10 gedämmt werde und die Bewohner der Y-Hochäuser weniger belastet würden.
Übrigens: Mit den vier Spuren (zwei je Richtung) ist ab Kuchen Schluss. Ab da geht’s nur noch dreispurig bis Geislingen weiter – also im Wechselverkehr: abschnittsweise fürs Überholen ausgelegt.
Bei aller Euphorie, die sich dieser Tage bisweilen breit gemacht hat: der Weg an Geislingen vorbei ist noch weit. Sehr weit.
Und ob dann, wenn der Tunnel-Abschnitt in Angriff genommen werden soll, dieser Weiterbau noch immer für dringend geboten erscheint, weiß derzeit ohnehin niemand. Und ob von dem vielen Geld, das jetzt zur Verfügung stünde, dann noch etwas vorhanden ist, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Daraus folgert: Wir müssen weiter für die vollständige Entlastung Geislingens kämpfen und uns immer wieder in Erinnerung rufen. Nach dem Motto: Vergesst Geislingen nicht!